Die SPÖ-FPÖ-Koalition im Burgenland trägt dazu bei, rechte Positionen weiter salonfähig zu machen.
Als sich nach den Landtagswahlen im Burgenland Ende Mai rasch eine Koalition zwischen SPÖ und FPÖ abzeichnete, zeigten sich viele Menschen überrascht. Dabei hat Landeshauptmann Hans Niessl auch vor den Wahlen stets recht offen erklärt, dass er in einer Zusammenarbeit mit den rechten Freiheitlichen kein Problem sieht. Wie schnell und reibungslos die Koalitionsbildung vonstattenging, war aber dennoch bemerkenswert. Insbesondere, dass die zahlreich vorgetragenen Bedenken und Warnungen der SPÖ-Basis weder von der burgenländischen Landespartei noch in den Spitzengremien der Bundes-SPÖ Gehör fanden, machte deutlich, dass die führenden sozialdemokratischen FunktionärInnen bereit sind, antifaschistische wie demokratische Grundsätze über Bord zu werfen, wenn es um die Sicherung von Machtpositionen geht. Immerhin läuft die Koalitionsbildung geltenden Parteitagsbeschlüssen über eine Nicht-Zusammenarbeit mit der Strache-FPÖ zuwider. In den Augen der Parteiführung war das kein größeres Problem, etwas Unmut an der Basis nimmt man genauso in Kauf wie einige Parteiaustritte. Zuletzt erklärte der vormalige Landtagspräsident Gerhard Steier bei der konstituierenden Landtagssitzung, dass er aus der SPÖ austrete, da diese zu einem „Wahlverein“ verkommen sei und kein „Wertefundament“ mehr habe.
Weit schärfer wurden die Entwicklungen vom Bund Sozialdemokratischer FreiheitskämpferInnen kritisiert. Die Organisation, die zusammen mit dem KZ-Verband/VdA und der ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten in der Arbeitsgemeinschaft der NS-Opfer-Verbände zusammenarbeitet, sprach in einer Aussendung von einem „unglaublichen und unerhörten Bruch sozialdemokratischer Werte und Grundsätze“ durch die SPÖ-FPÖ-Koalition. „Der Rechtspopulismus der FPÖ wird niemals soziale Probleme lösen“, hieß es in der Aussendung der FreiheitskämpferInnen. „Die soziale Frage ersetzt sie durch Hetze.“ Das Ignorieren des Beschlusses, mit dem sich der Parteitag der SPÖ im vergangenen Jahr gegen Koalitionen mit der FPÖ „auf allen politischen Ebenen“ aussprach, werten die FreiheitskämpferInnen als „Affront gegen die Grundwerte und Beschlüsse der österreichischen Sozialdemokratie“. Gegen Landeshauptmann Niessl, der ebenfalls Mitglied der FreiheitskämpferInnen ist, wurde ein Ausschlussverfahren aus dem Verband eingeleitet. „Jede Koalition mit der FPÖ verbiegt auf beschämende Art und Weise unser Drei-Pfeile-Symbol gegen Faschismus, Kapitalismus und Reaktion“, heißt es in der Erklärung des Verbandes. „Biegen wir unsere drei Pfeile wieder gerade!“ Anfang August trat Niessl dann aus dem Verband aus, um einem Ausschluss zuvorzukommen.
Die Koalition im Burgenland verheißt aber auch für die künftige politische Entwicklung auf Bundesebene nichts Gutes. Einmal mehr wurde deutlich, dass der Einfluss der Rechten auf die österreichische Politik immer stärker wird. Die SPÖ kapituliert allmählich vor dem Durchmarsch der Strache-FPÖ. Die Wahlkampfversprechungen und die von SPÖ-SpitzenkandidatInnen stets in Aussicht gestellte „Rückbesinnung auf sozialdemokratische Werte“ sind nach den Urnengängen sofort wieder vergessen. Die austauschbare und in der Regel gegen die Interessen der arbeitenden oder arbeitslosen Menschen in Österreich gerichtete Politik von SPÖ und ÖVP ist der wahre Grund, weshalb die freiheitliche Demagogie funktioniert. Mit diesen Ursachen für die FPÖ-Erfolge setzen sich die anderen Parteien aber nicht auseinander. Immerhin müssten die Regierungsparteien hierfür ihre eigene unsoziale Politik hinterfragen und tiefgreifende Richtungsänderungen vornehmen. Die im Burgenland vollzogene Öffnung der SPÖ zur FPÖ kommt dem Eingeständnis der Sozialdemokratie gleich, der FPÖ nichts entgegenzusetzen zu haben. Dass die SPÖ auf diese Weise WählerInnen zurückgewinnt, ist indes unwahrscheinlich. Im Gegenteil: für viele Menschen war bisher der letzte Grund für ein Ankreuzen der ehemaligen SozialistInnen, eine freiheitliche Regierungsbeteiligung zu verhindern. Dieser Grund ist seit der Unterzeichnung des burgenländischen Koalitionsabkommens obsolet.
Text aus: der neue Mahnruf 3/2015
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