Am Wochenende 18. – 20. November 2016 fand in Prag der XVII. ordentliche Kongress der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten statt. Mehr als 50 Delegierte aus knapp 20 europäischen Ländern vertraten Verbände ehemaliger Partisanen und Widerstandskämpfer, Kämpfer der Anti-Hitler-Koalition, Deportierte und Verfolgte, ihre Familienangehörigen und Antifaschisten heutiger Generationen. Unter den Delegierten waren noch drei Veteranen des antifaschistischen Kampfes.
Eröffnet wurde der Kongress am Freitagabend durch die Übergabe des Michel-Vanderborght–Preises der FIR an Preisträger aus neun Ländern. Unter den Geehrten waren ein tschechischer Verfassungsjurist, der italienische Militärstaatsanwalt, der u.a. das Verbrechen von Sant’ Anna di Stazzema verfolgte, ehemalige Widerstandskämpfer aus Griechenland und den Niederlanden, die bis heute als Zeitzeugen aktiv sind, sowie das belgische Team des „Zug der Tausend“ und der Studienkreis „Deutscher Widerstand 1933 – 1945“ für ihre Geschichtsarbeit mit jungen Menschen.
Auf dem Kongress zogen die Delegierten eine Bilanz der erfolgreichen Arbeit der vergangenen drei Jahre, die durch eindrucksvolle Gedenkveranstaltungen und zahlreiche politische Aktivitäten geprägt war. In mehreren Ansprachen wurde mit großer Sorge der Aufschwung der extremen Rechten in vielen europäischen Ländern und deren Einfluss selbst im Europäischen Parlament thematisiert. Hier sehen die Mitgliedsverbände in den kommenden Jahren eine große Herausforderung, eine politische Rechtsentwicklung in Europa und den einzelnen Ländern zu stoppen.
In der lebendigen Diskussion, an der sich fast alle Verbände beteiligten, wurden Bilanz gezogen und Einschätzungen zur aktuellen Entwicklung vorgestellt. Dass diese Einschätzungen recht unterschiedlich ausgefallen sind, überrascht nicht, beteiligten sich doch Delegierte aus Russland und der Ukraine, aus Griechenland und Belgien, aus Italien und Serbien an der Debatte.
Es war aber ein beeindruckendes Zeichen antifaschistischer Gemeinsamkeit, dass in der mit großer Mehrheit angenommenen politischen Erklärung des Kongresses die Fragen der Kriegsgefahr und der aktuellen Flüchtlingssituation klar thematisiert wurden. Bei aller Unterschiedlichkeit der Einschätzungen war deutlich, dass Antifaschisten sich für die sozialen und Menschenrechte jedes Einzelnen – unabhängig von seinem Pass und seiner Herkunft – einsetzen. Auch zum Kampf gegen Geschichtsrevisionismus und Verfälschung der Rolle des Widerstandes gab es große Übereinstimmung.
Im Vorschlag für die politischen Aufgaben der kommenden Jahre wurden die Aktivitäten gegen den Aufschwung der extremen Rechten ebenso genannt, wie das gemeinsame Handeln für die Bewahrung der Erinnerung. Dazu gehören die Arbeit mit der Ausstellung „Europäischer Widerstand gegen den Nazismus“ und der Vorschlag, eine europäische Konferenz mit verschiedenen antifaschistischen und antirassistischen Netzwerken gegen den Vormarsch der extremen Rechten auf den Weg zu bringen.
Von großer Einmütigkeit zeugten die Wahlen. Der ungarische Präsident Vilmos Hanti wird nun von drei Vizepräsidenten aus Griechenland, Italien und Russland unterstützt.
Den Abschluss des Kongresses bildete eine Fahrt in die Gedenkstätte Lidice, wo die Delegierten und Gäste Kränze zur Erinnerung an die Opfer der faschistischen Barbarei niederlegten. Der Vertreter der Lagergemeinschaft Ravensbrück übergab bei dieser Gelegenheit der Gedenkstätte ein interessantes Dokument der Solidarität der deutschen politischen Häftlinge mit den Frauen von Lidice.
Dr. Ulrich Schneider
Generalsekretär der FIR