Vor 65 Jahren wurde der erste KZ-Verband aufgelöst.
Im März 1948 endete mit der Auflösung des überparteilichen „Bundesverbandes ehemals politisch Verfolgter“ eine entscheidende Phase der Bemühungen von WiderstandskämpferInnen und Opfern des deutschen Faschismus in Österreich um „Wiedergutmachung“ und Entnazifizierung. Nach der Befreiung waren im ganzen Land Gruppen entstanden, die sich etwa um Unterstützung für die aus den KZ Heimkehrenden bemühten und für einen politischen Neuanfang im Land kämpften. Bald gab es Bestrebungen, aus der Vielzahl der Organisationen einen einheitlichen Verband zu gründen – im Laufe des Frühjahrs 1946 etablierte sich schließlich der Bundesverband, dessen Gremien von den drei Parteien SPÖ, KPÖ und ÖVP paritätisch besetzt waren.
Der KZ-Verband spielte in der Folge eine zentrale Rolle bei Entnazifizierungsmaßnahmen, die Mitglieder sammelten Informationen und Zeugenaussagen über Nazis und deren Verbrechen und sahen es als ihre Aufgabe, die Nazi-Gräuel einer allzu bereitwillig vergessenden Öffentlichkeit immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Der KZ-Verband kann damit als jene Institution gesehen werden, die die ersten Schritte zur Schaffung einer Erinnerungskultur in Österreich gemacht hat. Ganz konkret ging es dabei etwa um den Erhalt des ehemaligen KZ Mauthausen als Gedenkstätte. Erst durch die Bemühungen des KZ-Verbands wurde schließlich in langwierigen Auseinandersetzungen der Erhalt des Geländes beschlossen. Zudem organisierte der Verband in Mauthausen Gedenkfeiern und etablierte damit eine bis heute andauernde Gedenktradition. Hauptaufgabe des Verbandes war aber letztlich die Sicherstellung der materiellen Versorgung seiner Mitglieder. Dies geschah etwa durch die Organisation von Sammlungen und Hilfsaktionen sowie auch durch Hilfe bei der Bewältigung des schwierigen Nachkriegsalltags – etwa bei der Wohnungs- und Arbeitssuche.
Trotz der paritätischen Besetzung des Verbandes kam es seit der Gründung zu Spannungen. Der KPÖ wurde vorgeworfen, die Organisation zur Durchsetzung ihrer eigenen Ziele zu missbrauchen. Gleichzeitig gab es auf Orts- oder Landesebene vielfach eine fruchtbare und solidarische Zusammenarbeit. Für SPÖ und ÖVP war es mit dem Beginn des Kalten Krieges und angesichts des schlechten Abschneidens der KPÖ bei allgemeinen Wahlen nicht tragbar, in einer Organisation auf gleicher Augenhöhe mit den KommunistInnen zusammenzuarbeiten. Am 7. März 1948 verkündeten daher die Vertreter von SPÖ und ÖVP ihren Rückzug aus dem Bundesvorsitz des KZ-Verbandes. Gemäß Vereinsstatut bedeutete dies die Auflösung des Verbandes.
Ein großer Teil der Basis trug diese Entscheidung nur widerwillig mit oder boykottierte diese sogar offen. In Oberösterreich etwa wurde die „Arbeitsgemeinschaft ehemals politisch Verfolgter“ als direkte Nachfolgerin der aufgelösten Landesorganisation des KZ-Verbandes gegründet. Erklärtes Ziel dieser Organisation war die Weiterführung der überparteilichen Zusammenarbeit.
Gleichzeitig wurde von den Bundesparteien jedoch die Trennung organisatorisch besiegelt. In den Monaten nach Auflösung des KZ-Verbandes entstand die „ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten“(1). Im Herbst 1948 wurde der „Bundesverband österreichischer KZler, Häftlinge und politisch Verfolgter“(2) neu gegründet, der an die überparteiliche Tradition des ersten KZ-Verbandes anzuknüpfen versuchte. Dieses Bemühen erhielt jedoch mit der Etablierung des „Bundes sozialistischer Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus“(3) im März 1949 einen erneuten Rückschlag. Erst seit den 1960er Jahren arbeiten sie auch formal wieder stärker zusammen und sind in der „Arbeitsgemeinschaft der KZ-Verbände und Widerstandskämpfer Österreichs“ organisiert.
Simon Loidl
(1) Heute: „ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich“
(2) Heute: „Bundesverband österreichischer AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und
Opfer des Faschismus (KZ-Verband/VdA)“
(3) Heute: „Bund sozialdemokratischer Freiheitskämpfer/innen, Opfer des Faschismus und aktiver Antifaschist/inn/en“