Schon seit Monaten verfolgen die Internationale Föderation der Widerstandskämpfer (FIR) – Bund der Antifaschisten und ihre Mitgliedsverbände die politische Entwicklung in der Türkei mit großer Sorge. Es war bereits erkennbar, dass die Regierungen unter Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan einerseits eine zunehmend expansionistische Politik mit Unterstützung der IS-Truppen in Syrien betrieb, andererseits innenpolitisch eine Einschränkung der demokratischen Freiheiten, insbesondere der Pressefreiheit. Trotzdem wurde Erdoğan seitens der EU-Administration im Frühjahr 2016 als Helfer in der Flüchtlingsfrage auserkoren, der – mit 3 Mrd. Euro honoriert – das Problem des Flüchtlingsstroms nach Europa lösen sollte. Weiterlesen
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Rechtsextreme Provokateure
„Identitäre“ stören Theateraufführungen und greifen AntifaschistInnen an. Die Gruppe der „Neuen Rechten“ dient als Scharnier zwischen bürgerlicher Rechten und Neonazis
In den vergangenen Monaten haben Mitglieder der rechtsextremen Gruppe der „Identitären“ wiederholt für Schlagzeilen gesorgt. Nach einer Besetzung des grünen Hauses in Graz, wo die Rechtsextremen ein Transparent ausrollten und rote Flüssigkeit verspritzten, sorgten vor allem die Angriffe auf Theateraufführungen in Wien für Aufmerksamkeit. Mitte April stürmte ein Dutzend Mitglieder der Gruppe das Audimax der Uni Wien, wo gerade eine Inszenierung des Stücks „Die Schutzbefohlenen“ von Elfriede Jelinek stattfand. In dem 2013 uraufgeführten Werk setzt sich die Schriftstellerin kritisch mit der europäischen Flüchtlingspolitik auseinander. Das Besondere an der Inszenierung im Audimax war, dass auch Flüchtlinge aus Syrien, Irak und Afghanistan mitwirkten. Die „Identitären“ stiegen auf die Bühne des Audimax, zeigten ein Transparent mit der Aufschrift „Heuchler“ und verspritzten Kunstblut. Beherzte ZuseherInnen konnten die rechtsextremen Störer binnen weniger Minuten aus dem Hörsaal hinausdrängen. Die Transparentaufschrift erläuterten die „Identitären“ in wirren Erklärungen auf ihrer Internetseite. Sie werfen den ZuseherInnen von Aufführungen des Jelinek-Stücks vor, sich um die Probleme von Flüchtlingen zu kümmern und dabei auf „europäische Opfer“ zu „vergessen“. In einer Videobotschaft warf ein Mitglied der Gruppe regierenden PolitikerInnen vor, aufgrund ihrer Asylpolitik die Verantwortung für islamistische Anschläge zu tragen. Weiterlesen
Zusammenhänge erklären
Gespräch mit Buchautor und AHS-Lehrer Robert Krotzer über die Thematisierung des NS-Faschismus in österreichischen Schulbüchern. [Eine Rezension des Buches findet man hier]
Wie entstand die Idee, sich mit der Behandlung der NS-Zeit in den österreichischen Schulbüchern auseinanderzusetzen?
Die Idee entstand aus Gesprächen mit meinen Eltern und Großeltern und anderen Menschen dieser Generationen. Diese haben immer wieder erzählt, dass im Geschichtsunterricht ihrer Schulzeit keine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus stattgefunden hat. Daraus entwickelte sich die Frage, was damals denn überhaupt in den Schulbüchern stand. Denn natürlich gibt es immer einen großen Unterschied zwischen dem, was in den Büchern steht und dem, was tatsächlich im Unterricht durchgenommen wird. Weiterlesen
Verdrängt und Verfälscht
Neue Publikation des KZ-Verbands/VdA über die Darstellung des NS-Faschismus in österreichischen Schulbüchern [Das Interview mit dem Autor findet man hier]
„Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“, so lautete die Forderung der überlebenden Opfer der NS-Herrschaft nach ihrer Befreiung vom Joch der Tyrannei. Der Geist dieser Losung fand auch Eingang in die Verfassung der neu erstandenen Zweiten Republik. Vielfach anders verhielt es sich hingegen in der österreichischen Nachkriegsgesellschaft im politischen und gesellschaftlichen Umgang und der alltäglichen Auseinandersetzung mit der braunen Vergangenheit. Rasch waren sogar schwer belastete NS-Funktionäre wieder in hohen Posten, um ihre Stimmen buhlten die Großparteien ebenso wie der als Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten entstandene „Verband der Unabhängigen“, die spätere FPÖ. An vielen Stammtischen lebte die Erinnerung an die „heldenhafte Zeit“, antisemitische Einstellungen waren unter anderem auch an den österreichischen Hochschulen keineswegs verpönt – nicht nur in Kreisen deutschnationaler Burschenschaften. Der deutsche Angriffskrieg wurde hingegen zur „Heimatverteidigung“ umgedeutet, WiderstandskämpferInnen galten vielen als „Verräter“, wie auch jene als „Nestbeschmutzer“ angesehen wurden, die auf die österreichische Mitverantwortung an den Verbrechen des NS-Faschismus hinwiesen. Weiterlesen
Knappe Niederlage für Burschenschafter
Mit minimalem Vorsprung konnte sich Alexander Van der Bellen in der Bundespräsidentenwahl gegen FPÖ-Kandidat Norbert Hofer durchsetzen. Eine erfolgreiche Strategie gegen Rechts darf sich nicht auf Appelle beschränken
Nach einem langen Wahlkampf und einer aufgrund des knappen Ergebnisses 24-stündigen Verzögerung stand am späten Nachmittag des 23. Mai nach Auszählung der Wahlkarten endlich fest: Österreichs Staatsoberhaupt wird doch kein deutschnationaler Burschenschafter und Mitglied einer Partei, die aus dem „Verband der Unabhängigen“, Sammelbecken ehemaliger NSDAP-Mitglieder, entstanden war. AntifaschistInnen in ganz Österreich konnten erleichtert aufatmen. Doch Grund zu übermäßiger Freude besteht keineswegs. Denn der massenhafte Zuspruch für den FPÖ-Kandidaten macht deutlich, dass das Potenzial für künftige Wahlerfolge der Rechten noch nicht ausgeschöpft ist. Nur etwas mehr als 31.000 Stimmen trennten den Wahlsieger Alexander Van der Bellen von Hofer. Gleichzeitig deutet auch nach der Ablöse von Werner Faymann durch den Manager Christian Kern als SPÖ-Chef und Bundeskanzler wenig auf eine Wende in der Regierungspolitik hin. Doch diese ist nötig, wenn der FPÖ der Wind aus den Segeln genommen werden soll. Moralische Appelle an die ÖsterreicherInnen, keine KandidatInnen einer Partei zu wählen, die rassistische Ressentiments für ihre Politik nutzt, wird zu wenig sein.