Der militärische Sieg der sowjetischen Roten Armee über Hitlers Wehrmacht in der Schlacht um Wien vom 5. bis 13. April 1945 ebnete den Weg für die Wiedererrichtung eines unabhängigen, demokratischen, antifaschistischen Staates Österreich. Die Proklamation der Unabhängigkeitserklärung am 27. April 1945 in Wien ist die Geburtsstunde der Zweiten Republik.
Am 27. April 1945 wurde mit der Unabhängigkeitserklärung der sogenannte „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich vom 12. März 1938 für nichtig erklärt. Rund sieben Jahre nach der militärischen Okkupation und politischen Annexion wurde durch diesen Akt die deutsche Fremdherrschaft in Österreich formell beendet. Unterzeichnet wurde das Dokument von den Vertretern der drei demokratischen Parteien SPÖ, ÖVP und KPÖ. Ebenfalls am 27. April 1945 verlautbarte die Provisorische Regierung von Staatskanzler Karl Renner ihre Regierungserklärung, mit der alle demokratischen Kräfte Österreichs zum Wiederaufbau ihrer Heimat aufgefordert wurden.
In einigen Teilen des Landes setzten zu diesem Zeitpunkt jedoch noch Einheiten der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS die Kämpfe fort, bis zur bedingungslosen deutschen Kapitulation am 8./9. Mai 1945. Erst mit diesem Datum war ganz Österreich befreit und unter Kontrolle von Truppen der Anti-Hitler-Koalition aus der Sowjetunion, aus den USA, aus Großbritannien und Frankreich.
Dass Österreich im Jahre 1945 als unabhängiger Staat wiederhergestellt wurde, war keineswegs eine Selbstverständlichkeit. Die Befreiung im Jahr 1945 erfolgte auf militärischem Wege durch die Alliierten der Anti-Hitler-Koalition, in Österreich insbesondere durch die Rote Armee. Allein im blutigen Kampf um das Stadtgebiet von Wien im April 1945 verloren 20.000 Rotarmisten ihr Leben. Die Sowjetunion zögerte auch in staatspolitischer Hinsicht nicht, die Provisorische Regierung Renner anzuerkennen und somit die Grundlage für einen souveränen Staat Österreich zu schaffen. Die westlichen Alliierten, allen voran die USA und Großbritannien, agierten hier zögerlicher. Erst mit der gesamtösterreichischen Länderkonferenz und der Erweiterung der Staatsregierung mit Politikern aus Westösterreich wurden die Voraussetzungen geschaffen, um am 19. Oktober 1945 die Anerkennung der Regierung Renner von allen vier Besatzungsmächten in Österreich zu erreichen. Der Schritt zu demokratischen Wahlen – den ersten seit 1930 – war damit getan. Diese erste Nationalratswahl der Zweiten Republik fand schließlich am 25. November 1945 statt.
Nicht zu übersehen ist zudem der Anteil an der Befreiung vom NS-Terrorregime, den die österreichischen Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer mit ihrem Kampf gegen den Faschismus leisteten. Ihrem Wirken ist es zu verdanken, dass der österreichische Beitrag zur eigenen Befreiung, der von den Alliierten in der Moskauer Deklaration von 1943 gefordert worden war, auch erbracht wurde. Ohne die Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer wäre auch der schwierige Wiederaufbau Österreichs in der Anfangszeit der Zweiten Republik nicht möglich gewesen. Bundeskanzler Fred Sinowatz von der SPÖ hat die Bedeutung des österreichischen Widerstandes im Jahr 1985 darum in aller Deutlichkeit hervorgehoben: „Wir sollten heute nicht übersehen, dass diese Frauen und Männer, die Österreich wiederaufgebaut haben, dieselben gewesen sind, die in den Jahren des Krieges Widerstand geleistet haben. Sie haben das moralische Gewissen mitgebracht und durch ihr politisches Wirken und die politische Erfahrung das Wiederauferstehen unserer Heimat ermöglicht.“
Die Leistungen des österreichischen Widerstands sind ein – vom offiziellen Österreich viel zu spät gewürdigter – Grundpfeiler der Zweiten Republik. Ihrer zu erinnern bedeutet, die Errungenschaften der Zweiten Republik zu verteidigen und damit das Erbe des antifaschistischen und nationalen Freiheitskampfes zu bewahren.
Text aus: der neue Mahnruf 2+3/2020
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